„Die Pflegekräfte dürfen selbst entscheiden, wann sie arbeiten“

Andrea Albrecht, Pflegedirektorin am Lukaskrankenhaus in Neuss, hatte große Mühe, neue Pflegekräfte zu finden. Deshalb dachte sie neu – mit Erfolg.

  • Pflegefachkräftemangel ist in Deutschland ein altbekanntes Problem.
  • Eine Pflegedirektorin sucht nach Lösungen.
  • Allerdings braucht es grundlegende Veränderungen.

Deutschland hat einen dramatischen Mangel an Pflegefachkräften. Im vergangenen Jahre zählte die Bundesagentur für Arbeit 39 700 offene Stellen in der Pflege – 23 500 im Bereich der Altenpflege, 16 200 in der Krankenpflege, Tendenz steigend. Der Personalmangel wirkt sich direkt auf die Versorgung von alten und kranken Menschen aus. So sorgte Ende 2019 die Charité in Berlin für Aufsehen, weil das Kinderkrebszentrum keine neuen Patienten aufnehmen konnte – es fehlten Pflegekräfte. Das Zentrum für Qualität in der Pflege befragte im vergangenen Jahr 535 ambulante Pflegedienste. 80 Prozent erklärten, in den vergangenen drei Monaten Versorgungsanfragen abgelehnt zu haben, weil sie die Pflege nicht hätten sicherstellen können. 13 Prozent mussten sogar Kunden kündigen. Andrea Albrecht ist Pflegedirektorin am Lukaskrankenhaus in Neuss. Sie kennt die Probleme nur zu gut und hat eine kreative Lösung für ihren Arbeitgeber gefunden: den Flexpool. Den Fachkräftemangel in der Pflege beheben werde der aber nicht. Dafür bräuchte es schon den „großen Paukenschlag“.

Frau Albrecht, überall suchen Kliniken Pflegekräfte. Im Schnitt dauert es 174 Tage, bis eine freie Stelle in der Krankenpflege besetzt ist. Bei Ihnen gehen stetig Bewerbungen ein. Was machen Sie besser als andere?

Wir haben nur in einem Bereich kontinuierlichen Zulauf, im Flexpool. Dort legen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Dienstplan selbst fest. Außerdem können sie auf verschiedenen Stationen arbeiten. Das finden viele attraktiv.

Flexpool, was ist das?

So bezeichnen wir einen Pool aus 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die flexibel auf den Stationen eingesetzt werden. Flexibel heißt tatsächlich: so wie der Mitarbeiter will! Es handelt sich um examinierte Pflegekräfte, medizinische Fachangestellte und Serviceassistenten, die dort eingesetzt werden, wo ein Kollege mit der entsprechenden Qualifikation ausfällt. Alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Flexpool dürfen selbst entscheiden, wann sie arbeiten. Die Klinik legt fest, wo sie dies tun.

Das funktioniert? In der Pflege arbeiten überwiegend Frauen, die Teilzeitquote ist hoch. Was passiert, wenn alle vormittags arbeiten wollen, weil dann die Kinder in der Kita oder der Schule sind?

Ja stimmt, 60 bis 70 Prozent der Beschäftigten wollen vormittags arbeiten. Da fällt aber auch die meiste Arbeit an. Die Lösung liegt in der Größe des Pools. Wenn er aus zehn Leuten besteht, funktioniert es nicht. Aber bei 70 gibt es immer welche, die sagen: Ich möchte morgens ausschlafen, ich möchte nur Nachtdienste machen, ich studiere und kann nur nachmittags arbeiten. Die Flexer – so nennen wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Flexpool – werden immer dort eingesetzt, wo akut Bedarf ist. Jeder Flexer muss mindestens fünf Stationen abdecken können.

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